Forum Telemedizin

Ein interaktives Asthma-Schulungsprogramm für Kinder und Jugendliche

1. Was ist das Forum Telemedizin?

Beim Forum Telemedizin handelt es sich um ein Internetgestütztes Nachschulungskonzept für asthmakranke Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 16 Jahren.

2. Wozu brauchen wir diese neue Form der Patientenschulung?

Hintergrund

In der Bundesrepublik leiden 10% aller Kinder und Jugendlichen an Asthma (1). Damit ist Asthma die häufigste chronische Erkrankung in dieser Altersgruppe. Für die Patienten, ihre Eltern, Geschwister und das soziale Umfeld ist dies mit einer erheblichen Krankheitslast verbunden.

Darüber hinaus verursacht Asthma erhebliche Behandlungskosten (ca. fünf Mrd. DM in 1996, (1)). Die Gesundheitsausgaben für ein an Asthma erkranktes Kind liegen bis zu drei Mal höher als für einen gesunden Altersgenossen und nehmen mit der Schwere der Erkrankung überproportional zu (2;3). Dabei könnte eine verbesserte Asthmakontrolle einen großen Teil der Kosten verhindern helfen (4).

Entsprechend den Forderungen nationaler und internationaler Behandlungsempfehlungen kommt dabei neben der Therapie mit geeigneten Arzneimitteln der verhaltensmedizinischen Betreuung und Schulung der betroffenen Patienten eine große Bedeutung zu (5-7).

In Deutschland gibt es ca. 1.300 von der AG Asthmaschulungen im Kindes- und Jugendalter zertifizierte Asthmatrainer (Stand 06.12.2000), die im gesamten Bundesgebiet Schulungsmaßnahmen in Asthmazentren und Arztpraxen anbieten (könnten). Diese Maßnahmen werden zumeist durch Krankenkassen erstattet, auch wenn damit ein oftmals hoher bürokratischer Aufwand verbunden ist.

Dem potenziell breiten Schulungsangebot steht allerdings nur eine geringe Zahl von jährlich ca. 1.200 tatsächlich durchgeführten Schulungen mit 7.000 Patienten gegenüber. Bei insgesamt circa 1 Million asthmakranken Kindern und Jugendlichen ist dies ein erschreckend geringer Anteil, wie auch der Sachverständigenrat festgestellt hat:

Nach Auffassung des Rates liegen hinreichend sichere Hinweise dafür vor, dass die Prävention, die Kuration und die Rehabilitation bei Asthma- und COPD-kranken Kindern und Erwachsenen in Deutschland nachhaltig verbesserungsbedürftig sind.

(Sachverständigenrats-Gutachten 2000/2001, Teil III.2: Ausgewählte Erkrankungen: Ischämische Herzkrankheiten, Schlaganfall und chronische, obstruktive Lungenkrankheiten).

Dabei üben Patientenschulungen erwiesenermaßen einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf, die Lebensqualität und den Ressourcenverbrauch (z.B. weniger stationäre Aufenthalte und Schulfehltage bei erhöhter Arzneimittel-Compliance) der Patienten aus (8-10). Zahlreiche Schulungsmaßnahmen konnten dabei auch ihre Wirtschaftlichkeit unter Beweis stellen (9;11-13).

Unklar ist jedoch, ob und in welchen Zeitabständen Schulungsmaßnahmen wiederholt werden sollten, auch wenn es Hinweise auf den Nutzen einer Auffrischung von Schulungsinhalten gibt (14).

Ziele des Forum Telemedizin

Aufbauend auf einer klassischen Schulung können sich die Patienten in engem Kontakt mit dem behandelnden Arzt kontinuierlich über einen Zeitraum von sechs Monaten virtuell nachschulen.

Mit diesem Ansatz einer kontinuierlichen und zielgruppengerechten Ansprache über das weit verbreitete Medium Internet soll die Schulungslandschaft in Deutschland weiter belebt werden.

Das Forum Telemedizin dient dabei der Ergänzung und nicht dem Ersatz der regulären Schulungsmaßnahmen. Man darf gespannt sein, ob es zu einer nachhaltigen Verbesserung der Versorgungssituation asthmakranker Kinder und Jugendlicher beitragen kann.

3. Was sind die Inhalte des Projektes?

Durch die Projektbeteiligten wurde ein Internet-Portal (www.forum-telemedizin.de) geschaffen, das asthmakranken Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, im Anschluss an eine reguläre Asthmaschulung über einen Log-in Zugang zu einem internetgestützten Nachschulungsprogramm zu erhalten.

Die Inhalte der Nachschulung basieren auf dem Asthma-Verhaltenstraining, kurz AVT, welches im Asthmazentrum Berchtesgaden in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen entwickelt worden ist (15) und den Anforderungen der AG Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter entspricht (16). Das Schulungscurriculum ist in der Entwicklungsphase durch ein interdisziplinäres Team des Asthmazentrums Berchtesgaden in verschiedene onlinegestützte Lern- und Interaktionsbausteine umgesetzt und durch die Plattformbetreiber programmiert worden. Daraus hat sich ein modularer Aufbau mit drei voneinander unabhängigen Modulen ergeben.

a) Schulungsbereich

Bei einem Teil der Internet-Nachschulung handelt es sich um ein kindgerechtes Adventure-Spiel, bei dem die Patienten einen Schatz in einem fernen Land finden müssen. Bei der Schatzsuche müssen die Patienten nicht nur eine gute Auffassungsgabe unter Beweis stellen, sondern zahlreiche, plötzlich auftretende Probleme lösen, mit denen sie häufig in ihrem Alltag als Asthmatiker konfrontiert werden. Dies beinhaltet zum Beispiel Situationen unerwartet auftretender Luftnot, sportliche Belastung oder das Meiden von Asthmaauslösern. Damit wird das Spektrum der vorangegangenen, persönlichen Schulung erneut abgedeckt.

Der Schulungsbereich wird ergänzt durch einen Wiederholungsmodul, in dem die Schulungsunterlagen des Asthmaverhaltenstrainings hinterlegt sind, sowie durch ein Asthma-Quiz mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen.
Zudem besteht die Möglichkeit, jederzeit Fragen zur Erkrankung per e-mail an den behandelnden Arzt zu senden.

b) Medizinischer Bereich

Im medizinischen Bereich wird der Therapieplan und das Medikationsprofil des Patienten hinterlegt. Kernelement dieses Bereiches sind der sogenannte Datenbereich, in dem der Patient die von ihm gemessenen Peak-Flow-Werte eintragen soll. Diese werden dann im Zeitverlauf grafisch dargestellt. Alle Daten können jederzeit vom behandelnden Arzt eingesehen werden.

In unregelmäßigen Abständen werden den Patienten überdies sogenannte Experten-Chats an zuvor vereinbarten Terminen angeboten. Dabei haben Patienten die Möglichkeit – auch anonym – Ärzten, Asthmatrainern oder Sporttherapeuten in einem Forum Fragen rund um das Thema Asthma zu stellen.

c) Der Bereich Erfahrungsaustausch

Im Bereich Erfahrungsaustausch können Patienten mit anderen Teilnehmern kommunizieren, sich mit ihnen verabreden, Nachrichten auf einem virtuellen schwarzen Brett hinterlassen oder sich über aktuelle Veranstaltungen zum Thema Asthma informieren.

Durch eine frühzeitige Einbindung der Barmer Ersatzkasse und ihre kontinuierliche Unterstützung für diese innovative Form der Patientenschulung wurde darüber hinaus eine Vergütung für die im Rahmen des Projektes erbrachten Leistungen möglich (Vertrag nach §43;3 SGB V).

4.  Welchen Nutzen bringt die virtuelle Nachschulung?

Die Nachschulung asthmakranker Kinder über das Internet soll nach abschließender Evaluation durch eine gesundheitsökonomische Studie mit 438 Kindern – und bei entsprechenden Ergebnissen – weiter in den Versorgungsalltag integriert werden. Die Evaluationsstudie untersucht den durch die Internet-Nachschulung erzielten Nutzen (=Einsparungen) über einen Zeitraum von 12 Monaten. Unsere Hypothese lautet, dass durch die Intervention die Krankheitskosten sinken (z.B. durch weniger Krankenhausaufenthalte und Arztbesuche), während die Lebensqualität sowie die Compliance der Patienten ansteigen. Erste Zwischenergebnisse sind sehr vielversprechend. Die Gesamtergebnisse werden erstmals im November 2003 auf einem internationalen Kongress vorgestellt (www.ispor.org).

5. Bisherige Entwicklung des Forum Telemedizin

Tabellarische Darstellung des zeitlichen Ablaufs des Projektes "Forum Telemedizin"
Meilensteine Zeitpunkt
Startschuss auf einer Pressekonferenz
während der EXPO
08/2000
1. Treffen Studienärzte 01/2001
Abschluss einer Pilotstudie mit 50 Kindern (17) 04/2001
Rekrutierungsende für die Evaluationsstudie 12/2001
Abschluss der Datensammlung 02/2003
Auswertung der Daten 05/2003
Publikation der Ergebnisse 11/2003

6. Beteiligte

GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG
Claus Runge, Corporate Affairs & Business Support, Gesundheitsökonomie
(stellvertretend für die Projektgruppe)

Asthmazentrum Berchtesgaden
Dr. Joseph Lecheler, Ärztlicher Leiter

Barmer Ersatzkasse
Dr. Rüdiger Meierjürgen, Wuppertal

Forum Telemedizin GmbH
Dr. Michael Horn, Geschäftsführer

Institut für Klinische Pharmakologie der HumboldtUniversität/Charité
Professor Dr. Marion Schaefer

Literatur

  1. Konietzko, N. and H. Fabel. 2000. Weißbuch Lunge 2000, 1 ed. Thieme-Verlag, Stuttgart.
  2. Graf von der Schulenburg JM, W. Greiner, S. Molitor, and A. Kielhorn. 1996. [Cost of asthma the-rapy in relation to severity. An empirical study]. [German]. Med Klin 91:670-676.
  3. Lozano, P., P. Fishman, M. Von Korff, and J. Hecht. 1997. Health care utilization and cost among children with asthma who were enrolled in a health maintenance organization. Pediatrics 99:757-764.
  4. Barnes, P. J., B. Jonsson, and J. B. Klim. 1996. The costs of asthma. [Review] [46 refs]. Eur Respir J 9:636-642.
  5. Wettengel, R. 1998. Empfehlungen zur Asthmatherapie bei Kindern und Erwachsenen. Pneumologie 52:591-601.
  6. The British Thoracic Society. 1997. The British Guidelines on Asthma Management, 1995 Review and Position Statement. Thorax 52 (Suppl 1):S2-S8.
  7. Boulet, L. P., A. Becker, D. Berube, R. Beveridge, and P. Ernst. 1999. Canadian Asthma Consensus Report, 1999. Canadian Asthma Consensus Group. [Review] [29 refs]. CMAJ 161:S1-61.
  8. Guevara, J. P., F. M. Wolf, C. M. Grum, and N. M. Clark. 2003. Effects of educational interventions for self management of asthma in children and a-dolescents: systematic review and metaanalysis. BMJ 326:1308-1309.
  9. Volmer, T. 1997. [Economic considerations of patient education]. [Review] [70 refs] [German]. Pneumologie 51:850-857.
  10. Clark, N. M. 1989. Asthma Self-Management Education. Chest 95:1110-1113.
  11. Weinstein, A. G., L. Mckee, J. Stapleford, D. Faust, a. r. Pediatric, e. Economic, c. Drug, c. Inhaled, and t. Family. 1996. An economic evaluation of short-term inpatient rehabilitation for children with severe asthma. J Allergy Clin Immunol 98:264-273.
  12. Neri, M., G. B. Migliori, A. Spanevello, D. Berra, E. Nicolin, C. V. Landoni, L. Ballardini, M. Sommaruga, and P. Zanon. 1996. Economic analysis of two structured treatment and teaching programs on asthma. Allergy 51:313-319.
  13. Lewis, C. E., G. Rachelefsky, M. A. Lewis, S. A. de la, and M. Kaplan. 1984. A randomized trial of A.C.T. (asthma care training) for kids. Pediatrics 74:478-486.
  14. Szczepanski, R., N. Gebert, R. Hummelink, J. Konning, S. Schmidt, B. Runde, and U. Wahn. 1996. [Outcome of structured asthma education in childhood and adolescence]. [German]. Pneumologie 50:544-548.
  15. Lecheler, J., A. Biberger, F. Petermann, and B. Pfannebecker 1999. Asthmaverhaltenstraining, Trainerleitfaden. INA-Verlag, Berchtesgaden. 7.
  16. Lob-Corzilius, T. 2001. Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e.V.: Qualitätssicherung in der Asthmaschulung von Kindern und Jugendlichen. In T. Lob-Corzilius, editor W. Zuckschwerdt Verlag, München.
  17. Runge, C., J. T. Tews, J. Lecheler, and M. Horn. 2003. Do young asthmatics accept patient education via internet? Findings of a study to trst a new approach. Eur J Med Res 7 (Suppl 1):68.

Kontakt

Claus Runge
GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG
Corporate Affairs and Business Support
Theresienhöhe 11
80339 München
Tel. 089-36044-8-503
Fax 089-36044-98-503
Claus.Runge@gsk.com
www.glaxosmithkline.de

Stand der Projektinformation: 2003