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Blut und Plasma spenden – Leben und Gesundheit sichern

Weltgesundheitstag 2000

Unter dem internationalen Motto „Safe blood starts with me – Blood saves lives“ – in deutscher Übersetzung „Blut und Plasma spenden, Leben und Gesundheit sichern“ – informierte der Weltgesundheitstag im Jahr 2000 über Blutspenden, den Bedarf an Blut und Plasma und deren Verwendung. Zugleich bot er Gelegenheit, allen Spendern für ihr Engagement zu danken: Die LZG hatte den Blutspender in den Mittelpunkt der Veranstaltung zum Weltgesundheitstag in Bayern im Augsburger Rathaus gestellt. Experten verschiedener Fachrichtungen beleuchteten seine Position aus medizinischer, rechtlicher, psychologischer und ethischer Sicht.

Die Leistung der Spender ist beachtlich. Blutspender helfen freiwillig und unentgeltlich, sie nehmen die – wenn auch leichte – Körperverletzung durch den Einstich mit der Kanüle in Kauf, ohne eine besondere Belohnung. Sie hoffen aber im Falle des Eigenbedarfs darauf, dass viele Menschen wie sie gehandelt haben und die passende Blutspende eines anderen Spenders für sie erreichbar ist.

Prof. Dr. Johannes Gostomzyk, LZG

Es gelte, „den hohen sozialen Wert der Blutspende und besonders die Rolle und Leistung des Blutspenders“ stärker herauszustellen, sagte der LZG-Vorsitzende Prof. Dr. Johannes Gostomzyk: "Trotz der überragenden Bedeutung der Blutspende in der Medizin nahmen bisher Öffentlichkeit und Wissenschaft den Spender als Persönlichkeit mit selbstbestimmter Motivation kaum wahr. Natürlich werden potentielle Blutspender von Blutspendediensten, Krankenhäusern, Ärzteverbänden und Gesundheitspolitikern umworben. Natürlich wird vorausgesetzt, dass der Spender kranken Menschen helfen will und dass er volljährig und gesund ist und letzteres wird noch intensiv getestet. Bei näherer Betrachtung wird aber deutlich, dass im Vordergrund der Diskussionen und Veröffentlichungen als Zielobjekte die Blutspende und der Patient, der ihrer bedarf, stehen".

Bedarf an Spenderblut

In Bayern decken der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes, die Blutbanken der Universitätskliniken und der Blutspendedienst der Landeshauptstadt München nach Angaben des Staatssekretärs den Bedarf an Vollblut mit rund 600.000 Spen¬den pro Jahr. Ein Teil des benötigten Blutplasmas werde importiert. Um auch in diesem Versorgungsbereich autark zu werden, forderte Gesundheitsstaatssekretär Georg Schmid einen Ausbau der Plasmapherese, eines speziellen Verfahrens, bei dem nur Blutplasma entnommen wird.

Blutspenden bleiben vorerst unverzichtbar!

Der Ersatz von Spenderblut durch künstlich, z.B. gentechnisch hergestellte Blutprodukte in größeren Mengen sei in absehbarer Zeit noch nicht möglich, betonte Schmid: „Auch die moderne Medizin kommt ohne Blutprodukte menschlichen Ursprungs nicht aus. Blut- und Plasmaspenden bleiben auch in Zukunft aktuell.“ Deutschland habe bei der Sicherheit von Blutprodukten „Spitzenniveau“ erreicht. Bayern habe zusätzlich zu den bundesweiten Regelungen die Überwachung der Blutspendeeinrichtungen weiter verbessert.

Wer hilft wem, wann und warum?

Der Entscheidung, Blut zu spenden, liegen unterschiedliche Motive zugrunde. Eines der wichtigsten sei Altruismus, sagte Prof. Dr. Friedrich Försterling vom Institut für Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München

"Wir wissen, dass altruistisches (selbstloses, hilfreiches) Verhalten die Fähigkeit zur Einfühlung in den anderen als notwendige Grundlage hat, wir wissen, dass Menschen insbesondere dann helfen, wenn die Kosten (wie etwa Anstrengungen, Zeitinvestitionen und Gefahren) besonders gering und der potenzielle Gewinn für den Hilfeempfänger besonders groß ist. Und wir wissen auch, dass Hilfe insbesondere dann geleistet wird, wenn wenige Personen in einer hilfethematischen Situation anwesend sind und nicht die Möglichkeit besteht, das Helfen auf die vielen anderen abzuschieben, die der Situation ebenfalls beiwohnen ... wir sind insbesondere geneigt, Personen zu helfen, mit denen wir in verwandtschaftlichen Beziehungen stehen, die uns ähnlich sind und die wir gut kennen. Viele dieser Motivationsquellen seien beim Blutspenden außer Kraft gesetzt: Die potenziellen Hilfeempfänger sind Fremde, und in der Wahrnehmung der potenziellen Spender gibt es eine unglaublich große Zahl anderer, die genauso verantwortlich für das Spenden sind, auf die wir also die Verantwortung abschieben können."

Was bewegt Menschen also dazu, altruistisches Verhalten zu zeigen?

Lernen durch Beobachtung

Einen erheblichen Einfluss auf die Bereitschaft zum Blutspenden habe das „Lernen durch Beobachtung“, betonte Försterling: Personen, die eine andere Person beim Helfen – z.B. beim Blutspenden – beobachten, helfen nachfolgend sehr viel häufiger als solche, die eine solche Erfahrung nicht machen konnten. In Einklang mit diesen Befunden psychologischer Untersuchungen steht die Tatsache, dass in einer Stichprobe von Personen, die zum ersten Mal Blut spendeten, 60% angaben, dass eine andere Person in der Familie ebenfalls Blut spendete.

Krankheit als Ursache für Hilfebedürftigkeit

Die ursächliche Erklärung, warum eine Person der Hilfe bedarf, spiele ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung, Hilfe zu geben oder zu verweigern, sagte Försterling. Sieht der potenzielle Helfer den potenziellen Hilfeempfänger für seine Notlage selbst verantwortlich, dann wird er wenig Mitleid, mitunter sogar Ärger empfinden und Hilfeleistungen verweigern. Wird die Notlage allerdings auf unkontrollierbare Faktoren – wie z.B. bestimmte Erkrankungen – zurückgeführt, folgt als emotionale Reaktion oft Mitleid und die Hilfeleistung wird wahrscheinlicher.

Die Blutspende: ethisch ein Problem oder ein Gebot?

Die „Tugend aktiver Solidarität“, in christlich-jüdischer Tradition das „Hauptgebot der Nächstenliebe“, bezeichnete Prof. Dr. Hanspeter Heinz von der Katholisch-Theologischen Fakultät Augsburg als Hauptmotiv zum Blutspenden. Die Plakatwerbung des Deutschen Roten Kreuzes mit dem Slogan „Mein Blut für dich“ verbinde sich für Christen mit den Abendmahlsworten Jesu und rufe sie auf, sich ebenfalls für andere hinzugeben.

Aktuelle Ereignisse wie die Verseuchung von Blutkonserven, Korruptionsfälle und andere Skandale brächten keine speziellen ethischen Probleme beim Blutspenden, betonte Heinz: „Sie haben ihre Ursachen in der Missachtung genereller ethischer Normen, etwa durch Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht oder gewinnsüchtige Machenschaften. Wenn die medizinischen, rechtlichen und psychologischen Regeln und Gesetze ernst genommen werden, dann ist dem aus ethischer und religiös-weltanschaulicher Sicht nichts hinzuzufügen“.

Die rechtliche Position des Spenders

war Thema des Referates von Prof. Dr. Bernd-Rüdiger Kern von der Juristenfakultät Leipzig. Blutspenden sind erst seit dem 1. Juli 1998 durch das Transfusionsgesetz gesetzlich geregelt. Wie bei jeder Spende von Körpersubstanzen handele es sich beim Spenden von Blut um einen medizinischen Eingriff, betonte Kern. Der Aufklärung des Spenders und seiner Einwilligung in die Blutspende käme daher besondere Bedeutung zu.

Bedarf an Blut und Blutprodukten: Wer benötigt Blut- und Plasmapräparate?

Die meisten Blutpräparate werden zur Behandlung von Krebserkrankungen benötigt. Es folgen Erkrankungen des Herzens, des Magen-Darm-Traktes und erst an vierter Stelle Verletzungen durch Sport- und Verkehrsunfälle. Dr. Werner Behr vom Institut für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Umwelthygiene am Zentralklinikum Augsburg informierte über das Spendenaufkommen und die Versorgungssituation mit Blut und Blutprodukten in Deutschland.
Im Jahresdurchschnitt sei der Bedarf an Spenderblut in Deutschland gedeckt, sagte Behr.

Anders sei die Situation bei Blutplasma, das zur Herstellung zahlreicher lebenswichtiger Medikamente benötigt wird und von dem derzeit ca. 200.000 Liter im Jahr importiert würden, sagte Behr. Die von den Blutspendediensten zur Plasmagewinnung eingerichteten Plasmapherese-Zentren seien zum großen Teil wieder geschlossen worden. „Offensichtlich fehlen Abnehmer für dieses infolge der Herstellung relativ teure Plasma“, sagte Behr: „Die pharmazeutische Industrie bezieht weiterhin ... Plasma zu günstigeren Preisen aus US-amerikanischen Spendezentralen, die regelmäßig von deutschen Inspektoren überwacht werden. Aufgrund des eingeengten finanziellen Spielraums der Krankenhäuser und Arztpraxen hätten teurere, ausschließlich aus deutschem Plasma produzierte Präparate derzeit keine Marktchance.“

Unverzichtbare Voraussetzung für Notfallmedizin und Tumortherapie

Trotz aller blutsparenden Behandlungsverfahren, trotz Eigenblutgewinnung und gentechnisch herstellbarer Blutpräparate ist vor allem die moderne Notfallmedizin und Tumorbehandlung weiterhin auf die Bereitschaft gesunder freiwilliger Spender angewiesen, Blut und Blutbestandteile unentgeltlich zu spenden“, sagte Behr: „Auch wenn die Situation bezüglich der Plasmaspenden in Deutschland derzeit unbefriedigend ist, besteht weiterhin ein großer Bedarf für die üblichen Vollblutspenden vor allem in den Urlaubsmonaten.

In den Sommermonaten ginge Jahr für Jahr das Spendenaufkommen um bis zu 30% zurück, wenn viele der „Gelegenheitsspender“ in den Ferien seien – mit der Folge, dass in vielen Gebieten ein Mangel herrsche und weniger dringliche Operationen verschoben werden müssten. Behr betonte außerdem die besondere Bedeutung der „Dauerspender“, die bei krankenhauseigenen Blutspendediensten als regelmäßige Spender registriert seien und auch kurzfristig zur Verfügung stünden: „Für die schnelle Versorgung der Patienten mit Spezialpräparaten sind diese Stammspender für Blutspendedienste und Transfusionszentralen der Krankenhäuser von größter Bedeutung“.

Weltgesundheitstag 2000 in Deutschland