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Gesund leben – in Bewegung bleiben

Weltgesundheitstag 2002

Wie können Menschen motiviert werden, entsprechend der Erkenntnis zu handeln, dass regelmäßige körperliche Bewegung die Gesundheit fördert? Dieser Frage war die Auftaktveranstaltung zum Weltgesundheitstag 2002 für Bayern am 8. Mai 2002 gewidmet, zu der die LZG nach Ingolstadt geladen hatte. „Gesund leben – in Bewegung bleiben“ lautete die deutsche Übersetzung des von der WHO vorgegebenen Themas „Move for health“.

„Nur wer sich selbst bewegt, wird etwas bewegen!“

Als Schirmherr der Veranstaltung sprach Staatsminister Eberhard Sinner, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, zum Thema „Prävention – eine aktuelle Herausforderung für die Gesundheitspolitik“. Er wies auf verschiedene Ansätze gesundheitlicher Prävention in Bayern hin – von der groß angelegten Gesundheitsinitiative „Bayern aktiv“ bis zum Seilspringen im Büro als einfache Möglichkeit der körperlichen Aktivität: Nur wer sich selbst bewegt, wird etwas bewegen!

Wir haben die Lebenswelt verändert und müssen uns nun mit den Folgen auseinandersetzen.

Prof. Dr. Johannes Gostomzyk, LZG

Im Einführungsreferat unterstrich der LZG-Vorsitzende Prof. Gostomzyk die Bedeutung der Prävention:

"Je weitreichender unsere Mobilität wächst, um so geringer ist die damit verbundene körperliche Bewegung. Wir fliegen nach Amerika oder Japan und betreiben Thromboseprophylaxe gegen Risiken aus Bewegungsmangel ... Aber der technische Fortschritt ist längst weiter. Mit der Bewegung eines Fingers an der Computermaus erfahren wir eine ganze Welt. Demgegenüber muss es jedem Kind unattraktiv zeitraubend und mühsam erscheinen, in den Wald zu laufen und Tiere oder Pflanzen zu beobachten ... Das wichtigste Motiv zur Bewegung, die reale Welt zu erlaufen und in ihr zu überleben, hat bereits lange an Notwendigkeit und jetzt auch an informativer Attraktivität enorm eingebüßt ... Wir haben die Lebenswelt verändert und müssen uns nun mit den Folgen auseinandersetzen. Die unfreiwillige Primärmotivation zur Bewegung, nämlich ... als ‚Jäger und Sammler‘ oder durch andere körperliche Arbeit zu überleben, ist ... weitgehend entfallen. Wir müssen aber ebenso feststellen, dass der Wunsch nach Gesundheit, der ohne Zweifel allseits vorhanden ist, nicht in jeder Lebensphase als Motiv stark genug ist, sich ausreichend zu bewegen."

Wir erkennen aber neue sekundäre Motive zur Bewegung. Dazu gehören die Freude an Spiel und Sport, Fitness und Wellness, Körperideal und Selbstwertgefühl, aber auch Gemeinschaftserlebnisse, Bürgersinn und Hilfsbereitschaft. Es ist ... die noch nicht ausreichend wahrgenommene Aufgabe von Gesundheitspolitik und öffentlich organisierter Gesundheitsförderung, dieses Spektrum von Sekundärmotivationen differenziert zu fördern und zu erweitern.Körperliche Bewegung sollte wegen ihrer hohen Bedeutung für die private und die öffentliche Gesundheit den Rang einer Moralia publica, einer öffentlichen Tugend einnehmen. Selbstverständlich müssen dabei stets die körperlichen Bedingungen sowie die seelischen und sozialen Wertvorstellungen des Einzelnen berücksichtigt werden, damit für ihn der individuelle Gewinn an Lebensqualität und Gesundheit erkennbar wird.

Prof. Dr. Johannes Gostomzyk, LZG

Logisches und Psychologisches zur Prävention

war Thema des Vortrags von Prof. Dr. Fuchtmann von der Katholischen Studienstiftung München: "Ist Gesundheit nur Glücksache?", fragte er. "Dann wäre es ja ohne Einfluss, wenn einer sich falsch ernährt, wenn er zu schnell im Straßenverkehr fährt und verunglückt, wenn einer eine gefährliche Sportart betreibt und dabei sich verletzt oder wenn einer zuviel arbeitet und vor lauter Stress ein Magengeschwür bekommt. Obwohl unser körperliches und seelisches System weitgehend automatisiert erscheint, ist es doch den äußeren und inneren Einflüssen unseres Verhaltens sowie der Umwelt ausgesetzt. Wir entscheiden letztlich, wie schnell wir mit dem Auto fahren, wie viel und vor allem was wir essen, ob wir uns körperlich bewegen oder faul vor dem Fernseher sitzen ...

Unser Verhalten steuern wir mit den Möglichkeiten unserer Vernunft und unserer Wertsetzungen, natürlich im Rahmen unserer gegebenen – aber auch zu gestaltenden – Umwelt. Wir sind Menschen mit der Möglichkeit „Logoi“ – also Logisches – für unser Verhalten einzusetzen. Wenn uns Gesundheit als positive und glückbringende Möglichkeit des Lebens erscheint, dann haben wir mit Hilfe unseres logischen Handelns eine Richtschnur, alles Krankmachende (Verhalten) möglichst zu minimieren. Doch das Handeln nach der Logik ist nur die halbe Wahrheit. Vielerorts regiert der Hedonismus – wir nennen das Spaßgesellschaft. Präventives Handeln bedeutet aber, vernünftig und sittlich - also wertbezogen - zu handeln, um Gesundheit als Gut zu erlangen und zu bewahren. Anders ausgedrückt: „Lebe durchaus lustvoll, ja, aber bitte nicht unvernünftig, sondern mit Vernunft“.

Prävention als Beitrag zur Ethik der Lebenskunst

Über Überlegungen zur Gesundheitsprävention aus ethischer Sicht referierte Prof. Dr. Arntz von der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Augsburg: Junge Menschen, die nach Autonomie und Authentizität streben, haben zunehmend die Chance, dem eigenen Leben ein unverwechselbares Profil zu verleihen. Dies beinhaltet jedoch andererseits das unkalkulierbare Risiko, das Gelingen des eigenen Lebens zu verspielen. Da in der Risikogesellschaft nur noch Risikobiographien möglich sind wird jeder – junge – Mensch mehr denn je zum Lebenskünstler. Prävention ist insofern ein unerlässlicher Beitrag zur Ethik der Lebenskunst (ars vivendi). Vor diesem Hintergrund kann Prävention als „Zukunftsgestaltung in Freiheit und Verantwortung“ definiert werden. Mit Blick auf die – grundsätzlich wünschenswerte – medizinische Prävention ist allerdings aus ethischer Sicht ein kranker Gesundheitsbegriff zu kritisieren, der die Notwendigkeit ausblendet, mit bedingter Gesundheit (Fritz Hartmann) leben zu lernen. Demgegenüber hält die theologische Ethik an der Überzeugung fest, dass die eigentliche Lebensqualität des Menschen nicht primär in einem psycho-physischen oder sozialen Wohlbefinden besteht, sondern in einem unverbrüchlichen Lebenssinn.

„Wir brauchen Dich auch morgen –
Prävention als Gemeinschaftsaufgabe“

Ein Gemeinschaftsprojekt zur Prävention stellte Dr. Anton Euba vom Arbeitskreis „Disco-Fieber“ gemeinsam mit Schülerinnen der Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen und ihrem Rektor Hans-Dieter Franke vor. Er berichtete über die Schrobenhausener Initiative „Disco-Fieber“ zur Vermeidung so genannter Disco-Unfälle von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In einem Arbeitskreis haben engagierte Bürger und Vertreter örtlicher Einrichtungen und Institutionen ein lebensnahes Präventionskonzept erarbeitet, das die Persönlichkeit und die Handlungskompetenz junger Menschen stärken will.

mehr zur Aktion unter www.disco-fieber.de

Informationen der WHO zum Weltgesundheitstag 2002

Weltgesundheitstag 2002 in Deutschland