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Globaler Klimawandel und Gesundheit

Weltgesundheitstag 2008

„Protecting health from climate change“ war das weltweite Motto; die Veranstaltung der LZG für Bayern, „Globaler Klimawandel und Gesundheit“, fand am 2. April 2008 in München statt. Das Programm für das gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführte Symposium war darauf abgestellt, dem Thema regionale Perspektiven und damit eine größere Verbindlichkeit zu geben.

Vorgestellt wurden Prognosen der Erderwärmung allgemein und für die Klimaveränderung in Bayern, daraus resultierende Risiken, soziale und psychische Auswirkungen des Klimawandels sowie Aspekte der Migrationsmedizin. Einen zweiten Schwerpunkt bildeten aktuelle Einzelfragen: die Zunahme von Allergien, zeckenübertragbare Erkrankungen, gesundheitliche Auswirkungen von Hitze- und Kältewellen und die Bedeutung von Umweltzonen in unseren Städten. „Unsere Tagung hat das bescheidene Ziel, die Teilnehmer zum Dialog mit dem Bürger über das WGT-Thema ‚Globaler Klimawandel und Gesundheit’ zu motivieren“, hatte der LZG-Vorsitzende Prof. Johannes Gostomzyk eingangs angemerkt: „fertige Lösungen dazu dürfen Sie aber nicht erwarten“.

Unsere Kenntnisse zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur und zu den möglichen Auswirkungen auf die Gesellschaft sind rudimentär … Das Dilemma ist, dass dennoch bezüglich der Anpassung an die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels bald gehandelt werden muss. Anpassungsbedarf entsteht in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft.

Prof. Dr. Carl Beierkuhnlein, Universität Bayreuth

„Wir leben in der nördlichen, 'gemäßigten' Klimazone der Erde. Aber auch wir erleben zunehmend häufiger extreme Wetterlagen wie starke Niederschläge, orkanartige Stürme, Hitzeperioden, Gletscherschwund und anderes als Symptome eines globalen Klimawandels. In der öffentlichen Debatte werden die Ursachen des Klimawandels und mögliche Reaktionen darauf noch immer kontrovers diskutiert. Die Bürger sind verunsichert, insbesondere über die sehr heterogenen Bewertungen der Sinnhaftigkeit von Gegenmaßnahmen", sagte Goytomzyk: "Manche verdrängen die alarmierenden Befunde und auch Hinweise auf neue klimabedingte Erkrankungen werden nicht als reale Bedrohung empfunden. Die globale Perspektive macht ein weiteres Paradoxon offensichtlich: Diejenigen, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind, zählen nicht zu den Hauptverursachern“.

Die meisten Anrufe um humanitäre Hilfe im letzten Jahr hatten Bezug zum Klima, so der EU-Vertreter für gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana. Die wichtigsten Bedrohungen liegen im Konflikt um Ressourcen und in der zunehmenden Migration. Die Vereinten Nationen sagen bis zum Jahr 2020 Millionen von „Umwelt-Migranten“ voraus. „Jede dieser Bedrohungen bedroht indirekt auch stets die Gesundheit“, warnte Gostomzyk. Im gleichen Sinne sprach sich Prof. Klaus Fleischer vom Missionsärztlichen Institut in Würzburg aus. „Der Klimawandel ist ein Faktor unter mehreren Ursachen, die das Leben von Menschen in ihren Regionen unerträglich machen. Hierzu gehören Mangel an bebaubarem Land, Mangel an Wasser, unbewohnbare Großstadtteile und Krieg. Dagegen geht von der westlichen Welt, zu der Deutschland gehört, eine stark wachsende Attraktion aus“:

Unser medizinisches System steht in der Gesundheitsfürsorge für die Menschen mit Migrationshintergrund vor großen Herausforderungen

Prof. Klaus Fleischer, Missionsärztliches Institut, Würzburg

In diesem Zusammenhang gehe es einerseits darum, die Abwanderung von Ärzten und Krankenschwestern vor allem aus Afrika zu verhindern, um die Gesundheitsversorgung vor Ort zu stärken, wie dies etwa durch Klinikpartnerschaften versucht werde. Andererseits müsse die gesundheitliche Situation von in Deutschland lebenden Migranten verbessert werden. Für „die frustrierten und nicht beschäftigten überwiegend jungen Asylbewerber in ihren geschlossenen Gemeinschafsunterkünften können … praktische Lernangebote in Gesundheitsfragen ihre Selbstachtung und Selbstversorgung während der langen Bewerbungszeit bessern, sowohl in Deutschland wie zurück in ihrem Heimatland“.

Fleischer berichtete über ein mit geringen finanziellen Mitteln entstandenes Kursprogramm in der Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg/Veitshöchheim. In Basis- und Aufbau-Kursen werden den Bewohnern Themen wie Erste Hilfe, Hygiene und Ernährung, Kindergesundheit, Brustkrebsvorsorge, Infektionskrankheiten oder Suchterkrankungen vermittelt; auch Zahnputzkurse für Kinder gehören dazu und ein monatliches „Frauenfrühstück“, bei dem erfahrene Mütter aus Würzburg junge Frauen zu Schwangerschaft, Kindererziehung und anderen familiären Fragen unter den Bedingungen in Deutschland beraten. „Die Menschen sind dankbar für Angebote“.

Klimawandel: Welche Prognosen gibt es für Bayern?

Die globale Erwärmung wird sich regional unterschiedlich stark bemerkbar machen. Für Bayern wird mit einer überproportionalen Erwärmung gerechnet, Experten erwarten hier einen Temperaturanstieg um durchschnittlichen 4°C bis zum Ende des Jahrhunderts (weltweit: 2,8°C). Die Niederschlagsmenge wird steigen.

hier

1) Abb.Bayernkarte mit Bildunterschrift: 
Die Klimaerwärmung wird sich regional unterschiedlich stark bemerkbar machen. Die Prognose des Lehrstuhls für Biogeografie der Universität Bayreuth zeigt den erwarteten Temperaturanstieg für das Jahr 2056. Bis zum Ende des Jahrhunderts rechnen die Experten sogar mit einer Temperaturerhöhung um durchschnittlich 4°C in Bayern

2) Abb. „Mehr Extreme im wärmeren Klima“, mit BU:
„Eine kleine Veränderung des Mittelwerts hat eine große Auswirkung auf die Extreme“: Selbst bei einem relativ geringen Anstieg der Durchnittstemperatur wird es mehr heiße und sehr heiße Tage geben, so die Prognose.

Die Veränderung der Mittelwerte mag relativ gering erscheinen, a ber eine kleine Veränderung des Mittelwerts hat eine große Auswirkung auf die Extreme.

Ernst Rauch, Münchner Rückversicherungs-AG

Indizien für eine Zunahme der Wetterextreme finden sich in den Aufzeichnungen der Münchner Rückversicherung. Ihre bis ins Jahr 1950 zurückgehende Datenbank ist das größte Verzeichnis zu Naturkatastrophen und nachfolgenden Schäden weltweit. Sie zeigt, dass wetterbedingte, so genannte „atmosphärische Ereignisse“ wie Stürme und Überschwemmungen seit 1970 an Häufigkeit zugenommen haben, während die Zahl von geologisch bedingten Ereignissen (Erdbeben, Tsunami, Vulkanausbrüche) etwa gleich geblieben ist. Auch „Deutschland ist kein katastrophenfreies Gebiet“, betonte Rauch und erinnerte an die Winterstürme der vergangenen Jahre. Die Wahrscheinlichkeit solcher Extreme, die immer auch ein gesundheitliches Gefahrenpotenzial bergen, werde weiter zunehmen.

Es liegen für Homo sapiens und unsere Ökosysteme keine ‚Erfahrungswerte’ bezüglich der in naher Zukunft zu erwartenden klimatischen Verhältnisse vor. Neben direkten Einflüssen sind vielfältige indirekte Wirkungen des Klimawandels zu beachten!

Prof. Carl Beierkuhnlein, Universität Bayreuth

„Die Folgen des Klimawandels sind unvermeidlich“, stellte Prof. Carl Beierkuhnlein (Lehrstuhl für Biogeologie, Universität Bayreuth) fest. Während man über die Entstehung der Klimaveränderungen inzwischen gut begründete Vorstellungen habe, seien deren Auswirkungen auf Ökosysteme, auf die Artenvielfalt („Biodiversität“) und den Stoff- und Energiehaushalt in der Natur bislang kaum untersucht.

„Die funktionierende Natur ist für uns eine ‚Serviceleistung’“ sagte Beierkuhnlein: „Wenn wir sie beeinträchtigen, hat das Folgen für uns“ – in vielen Bereichen. Land- und Forstwirtschaft, Gesundheit, Regionalplanung, Tourismus, Infrastruktur und Energieversorgung werden Anpassungsstrategien entwickeln müssen. Das Gesundheitswesen werde u.a. konfrontiert mit den Folgen erhöhter thermischer und UV-Belastung sowie einem verstärkten Auftreten von hier bislang kaum beobachteten Infektionskrankheiten.

Erweitert sich das Spektrum der Infektionskrankheiten?

„Dengue-Fieber“, „Chikungunya“, „West-Nil-Fieber“: In den Medien sorgen Infektionen für Schlagzeilen, die in unserer Region bislang kaum vorkamen. Die wenigen beobachteten Fälle waren stets „importiert“, d.h. im Ausland erworben. Doch die vorhergesagte Erwärmung kann dazu führen, dass die Erreger bzw. ihre Überträger wie Sandmücke und Tigermücke auch hier geeignete Lebensbedingungen finden. Auch eine anhaltende Trockenheit kann die Ausbreitung von Infektionserregern wie etwa Hantaviren begünstigen.

„Anfragen ans LGL zeigen die Besorgnis der Menschen“, berichtete der Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Prof. Volker Hingst. Doch das „gefühlte Risiko“ sei diesbezüglich „dem realen fast entgegengesetzt“. Noch sei die Zahl Betroffener gering; im Jahr 2007 wurden in Bayern beispielsweise 57 Fälle einer Dengue-Fieber-Infektion nach Auslandsaufenthalt registriert.

Folgen der Erwärmung werden auch für heimische Infektionskrankheiten diskutiert. „Die Medien haben sich heuer ebenso früh zu Wort gemeldet wie die Zecken, die aufgrund des Klimas eher aktiv sind als in früheren Zeiten“, merkte Hingst an. Gibt es klimabedingt eine Zunahme von Zecken („Gemeiner Holzbock“, Ixodes ricinus) und damit der zeckenübertragbaren Erkrankungen, Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) und Lyme-Borreliose? „Es existieren bislang keine relevanten Studien, die diese Annahme stützen würden“, berichtete Dr. Volker Fingerle, Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Borrelien, das seit Anfang des Jahres 2008 am LGL eingerichtet ist: „Eine fundierte Aussage zur zukünftigen Entwicklung der Ixodes ricinus-Populationen sowie der entsprechenden Erkrankungen ist derzeit deshalb nicht möglich“.

Der „Jahrhundertsommer“ 2003
Ein Vorbote für kommende Ereignisse?

Martina Kohlhuber vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit schilderte gesundheitliche Auswirkungen von Hitze- und Kältewellen. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass sich während solcher Ereignisse die Sterblichkeit in der Bevölkerung erhöht, ausgelöst durch die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems und Störungen der Temperaturregulation.

Kohlhuber bezog sich insbesondere auf den „Jahrhundertsommer“ 2003, dessen Durchschnittstemperaturen 3,4 Grad über dem langjährigen Mittel lagen und der besonders viele „heiße“ bzw. extrem heiße Tage mit Temperaturen über 30 bzw. 35°C verzeichnet hatte. Europaweit seien schätzungsweise 35.000 Todesfälle dieser Hitzewelle zuzuschreiben, rund 7.000 davon in Deutschland. In München allerdings, wo es im Juli und August 2003 insgesamt 29 heiße Tage gegeben hatte, wurde keine erhöhte Sterblichkeit verzeichnet, anders als etwa in der Region Paris oder in Baden-Württemberg. Die Ursachen dafür seien bislang nicht geklärt, möglicherweise spielen geographische Bedingungen eine Rolle.

Während Hitzewellen sind besonders Kinder, Kranke, Pflegebedürftige und ältere Menschen gefährdet. Prof. Bernhard Liebl (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) wies in diesem Zusammenhang auch auf das gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst eingerichtete Hitzewarnsystem und die Präventionskampagne „Sonne(n) mit Verstand“ hin.

Gesund leben in der Stadt

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltzonen sind größer, als man aufgrund der Reduktion der Feinstaubkonzentration vermuten würde.

PD Dr. Annette Peters, Helmholtz-Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit

Die Belastung durch Feinstaub aus Abgasen des Kfz-Verkehrs hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Dr. Annette Peters (Institut für Epidemiologie, Helmholtz-Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit) stellte Erkenntnisse zu gesundheitlichen Auswirkungen verkehrsabhängiger Schadstoffe vor, für die unter anderem Daten des Augsburger Herzinfarktregisters ausgewertet worden waren. Demnach sind verkehrsabhängige Schadstoffe assoziiert mit Arterienverkalkung und der Auslösung von Herzinfarkten sowie mit der Entstehung von Allergien und ihrem Schweregrad. Die wenigen bisher untersuchten zeitlich begrenzten Maßnahmen zur Verkehrsreduktion wie etwa die Einschränkung des Autoverkehrs im südkoreanischen Busan während der Asien-Spiele 2002 hätten sich positiv auf die Gesundheit der Stadtbewohner ausgewirkt.

Durch Umweltzonen wird der Kfz-Verkehr in dicht bebauten Innenstadtbereichen reduziert. Dadurch wird die verkehrsnahe Exposition einer großen Zahl von Menschen verringert“.. Dies bezieht sich auch auf andere verkehrsabhängige Schadstoffe wie Stickstoffdioxid und den Verkehrslärm. „Daher können Umweltzonen der menschliche Gesundheit weit mehr nützen, als sich aus den routinemäßigen Feinstaubmessungen ablesen lässt. Sie sind um so effektiver, je stringenter sie umgesetzt werden und die Hauptübeltäter aus der Stadt heraus halten, insbesondere Diesel-Pkw und Diesel-Lkw ohne Partikelfilter.

PD Dr. Annette Peters, Helmholtz-Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit

Für die Reduktion der CO2-Emissionen insgesamt hat die Einrichtung von Umweltzonen in unseren Städten offenbar eher geringe Auswirkungen. Gostomzyk merkte an, aus Sicht der Toxikologie und des Klimaschutzes seien sie trotzdem positiv zu bewerten: „Umweltzonen bewirken auch, dass Menschen die Umwelt bewusster erleben und sich entsprechend verhalten. Sie sind deshalb auch vom pädagogischen Ansatz her auf jeden Fall zu begrüßen“.

„Mehr Pollen und neue Pollen – Die Allergie ist eine Umwelterkrankung“

Die Häufigkeit von Pollen-assoziierten Allergien („Heuschnupfen“, Asthma) hat in den vergangenen Jahren weltweit deutlich zugenommen, auch in Deutschland. Ist dies eine frühe Auswirkung des Klimawandels? „Wir haben eine neue Situation“, berichtete Prof. Heidrun Behrendt vom Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) der TU München.

Beobachtet werden verlängerte Vegetationsperioden, eine Vorverlegung der Blütezeit (z.B. Haselpollenflug bereits im Dezember); insgesamt hat sich die Pollensaison in den letzten 30 Jahren um 10 bis 12 Tage verlängert. Zudem verändern Ferntransporte über die Luft die Bedingungen vor Ort, Pollen sind teilweise 14 Tage vor der Blütezeit der entsprechenden Pflanzen nachweisbar. Eine Zunahme der CO2-Konzentration in der Luft führe zudem zu einer gesteigerten Pollenproduktion. Der Klimaerwärmung zuzuschreiben sei auch die Invasion von „Neophyten“, d.h. neu eingewanderten Pflanzen.

Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst hat ihren Pollenflugkalender aktualisiert. Der neue Kalender unter www.pollenstiftung.de spiegelt die verlängerten Vegetationsperioden und die Vorverlegung von Blütezeiten wider. Aufgenommen wurde erstmals die Beifußambrosie (Traubenkraut), die im Spätsommer – einer bislang eher pollenarmen Zeit – blüht.

Bei der Beifußambrosie (Traubenkraut, „Ragweed“) wird eine massive Zunahme beobachtet. Die aus Nordamerika eingeschleppte Pflanze besitzt ein hohes allergenes Potenzial. Zum einen kann die Berührung der Pflanze bei sensibilisierten Personen eine Kontaktallergie auslösen, zum anderen können die Pollen eine allergische Reaktion mit Reizung der Augen- und Nasenschleimhäute („Rhinokonjunktivitis“) und Asthma hervorrufen.

Die Ambrosie blüht im Spätsommer, in einer Zeit also, in der bisher kaum Pollenflug auftrat. Bereits rund 20% der erwachsenen Allergiepatienten in TU und LMU München zeigen eine entsprechende Sensibilisierung, berichtete Behrendt. Eine weitere Zunahme werde erwartet, da die Pflanze ein starkes Ausbreitungspotenzial habe: Eine Ambrosie kann rund 6000 Samen bilden und bis zu 3 Milliarden Pollen freisetzen. „Bei sensibilisierten Personen reichen schon 10 Pollen für eine allergische Reaktion“.

Die Pflanze verbreitet sich vor allem über Futtermittel (Vogelfutter) und Saatgut sowie über die Verfrachtung von kontaminiertem Erdmaterial bei Baumaßnahmen. Der primären Prävention, also der Minimierung lokaler Pollenemissionen durch Vernichten der Pflanze, komme große Bedeutung zu, betonte Behrendt und verwies auf das „Aktionsprogramm Ambrosiabekämpfung in Bayern“ des Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz.

„Lokale und persönliche Folgewirkungen des Klimawandels werden von den Menschen geringer eingeschätzt als globale Wirkungen“

Während inzwischen an Analysen über Folgen des Klimawandels aus biologischer oder meteorologischer Perspektive in beachtlicher Zahl vorliegen, hält die sozialwissenschaftliche Betrachtung der Klimafolgen erst seit kurzem verstärkt Einzug in die Diskussion. Eine zentrale Frage ist, „wie wir Menschen und größere Sozialgebilde bis hin zu Gesellschaften den Begriff des Risikos definieren und interpretieren und welche Risikowahrnehmung mitentscheidend dafür ist, ob und wie sie sich gegen solche Risiken schützen bzw. sie vermeiden wollen“.

Im Vergleich zu anderen Risiken scheine der Klimawandel in der Risikowahrnehmung insgesamt noch wenig ausgeprägt, berichtete der Medizinsoziologe Dr. Ulrich Stößel von der Universität Freiburg. Untersuchungen hätten gezeigt, dass globale Klimaveränderungen zwar eine gewisse „allgemeine“ Besorgnis auslösten, den Folgen für das persönliche Leben aber offenbar deutlich geringere Bedeutung beigemessen werden. Eine große Rolle spielt dabei die Risikokommunikation über die Medien. Die „Informierung der Öffentlichkeit und politischen Entscheidungsträger über den Einfluss des Klimawandels auf die Gesundheit“ sei daher eine wichtige Public Health-Aufgabe, also eine praktisch-vorsorgende öffentliche Gesundheitspflege.

Das Klima geht jeden an, persönlich und in der Verantwortung für andere.

Prof. Dr. Volker Hingst, LGL

Als Resümee der Beiträge der Tagung ergibt sich, „dass Interdisziplinarität zur Transdisziplinarität ausgebaut werden muss“ (Gostomzyk): Nicht der bloße Informationsaustausch, sondern die nachhaltige Zusammenarbeit von Experten unterschiedlicher Fachrichtungen sei erforderlich, um die Prognosen und tatsächliche Folgen des Klimawandels für die Gesundheit frühzeitig zu erfassen und Strategien zu ihrer Bewältigung zu entwickeln.

„Wir haben in Bayern ausgezeichnete Voraussetzungen, diese Probleme anzugehen“ (Beierkuhnlein)

350 Millionen Euro wird die Bayerische Staatsregierung im „Klimaprogramm Bayern 2020“ bereitstellen, um Maßnahmen zum Klimaschutz in Bayern weiter zu fördern, ein Teil dieses Etats ist auch für Forschungsvorhaben zu den gesundheitlichen Folgewirkungen des Klimawandels vorgesehen. „Bayern investiert damit mehr in den Klimaschutz als jedes andere deutsche Land“, betonte Prof. Bernhard Liebl (Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz).

Die Experten der Tagung riefen dazu auf, junge Menschen verstärkt einzubeziehen und den Klimawandel und seine Folgen auf verschiedenen Ebenen der Ausbildung zu thematisieren.

Wir brauchen verhaltens- und verhältnispräventive Konzepte, aber rationale Einsichten allein garantieren noch nicht ihren Erfolg. Unser Handeln, auch im Hinblick auf seine Umweltverträglichkeit, wird überwiegend und nachhaltig von Emotionen bestimmt. Hier liegt die in unserer Gesellschaft noch immer nicht hinreichend gelöste Aufgabe, ein positives und tatsächlich auch handlungsleitendes Empfinden unserer existentiellen Abhängigkeit von einer intakten Umwelt noch viel stärker in allen Lebensbereichen zu entwickeln.

Prof. Dr. Johannes Gostomzyk, LZG

Informationen der WHO zum Weltgesundheitstag 2008

Weltgesundheitstag 2008 in Deutschland